Nondualität verstehen?!




















Man kann über das Gewahr werden, dass es im eigentlichen Sinne kein Selbst gibt, nicht sprechen. Beziehungsweise kann man zwar versuchen, es mit Worten zu beschreiben, aber man wird immer, ich wiederhole: IMMER dabei scheitern. Das ist genau wie der Versuch, das blaue an Blau erklären zu wollen für jemand, der noch nie die Farbe 'Blau' gesehen hat.  Nondualität ist nicht intellektuell zu 'verstehen'. Das heißt, es gibt da nichts zu 'verstehen', verstandesmäßig. Unser Verstand arbeitet mit Dualismen und Relationen. Was soll er ohne - (selbst) auferlegte und geglaubte- Regeln denn auch denken, der Verstand? Wie würde eine Sprache ohne Objekt-Subjekt-Prädikat aussehen? Was gäbe es da zu sagen? Und wie?

Was man versuchen kann, ist den Verstand zu beruhigen. Zum Beispiel gibt es viele Menschen, die erhebliche Vorbehalte gegen Nodualität haben- verstandesmäßig. Diese Vorbehalte kann man versuchen abzubauen, um dadurch denjenigen zu ermöglichen, selbst zu schauen und bestenfalls selbst die Erkenntnis, die Erfahrung von Nondualität zu machen. In dem Sinne kommt es auch sehr auf den Vorbehalt den jemand hat an, was und wie nun erklärt und- hoffentlich- verstanden wird.

Ich habe beobachtet, dass die Vorbehalte, wie sollte es auch anders sein?- sehr oft etwas mit dem Selbst- und Weltbild des Gegenübers zu tun haben.

Jemand, der sich für extrem intelligent hält, findet Nondualität idiotisch.

Ein Pessimist findet Nondualität übertrieben optimistisch.

Jemand der sich für nicht so intelligent hält, ist der Ansicht, auf so eine 'Idee' könne man nur kommen, wenn man intellektuell extrem anspruchsvolle Kapriolen schlägt.

Ein Optimist denkt, es ginge um Nihilismus.

Ein Weltverbesserer meint, es handele sich um Weltflucht bzw. einfach menschenverachtende Ignoranz.

Die Liste kann man vermutlich endlos fortsetzen, aber ich hoffe der Punkt ist inzwischen klar.

 

Es sind Probleme des Verstandes, des Denkens. Denken kann nicht vollumfänglich erfassen, was mit 'Alles' gemeint ist- jedenfalls nicht auf einmal. Also sucht sich Denken das von ihm bzw. dem ebenfalls gedachten Selbst- und Weltbild am weitesten entfernte aus und hält das dann für nondual. Und weil es maximal weit Entfernt von 'einem selber' ist, ist es abzulehnen. Diese Ablehnung durch den Verstand ist auch völlig logisch, denn Nondualität ist ein Frontalangriff aufs Denken.

 

Wenn man einer schön bunten Gruppe, mit ganz vielen unterschiedlichen Selbst- und Weltbildern, gegenüber versucht, die Vorbehalte auszuräumen, um das direkte Schauen zu erleichtern, ist das wie der Versuch, mit einem Wasserschlauch zugleich dreißig Brände, die auf einer Fläche von ganz Deutschland verteilt sind zu löschen. Es geht nicht.

Es geht nicht, denn man kann ja immer nur in einem gegebenen Moment einen Aspekt versuchen zu beschreiben. Dadurch wird dieser Aspekt in dem Moment betont- und schwubbs- geht bei einem anderen Selbst/Weltbild der Alarm los- weil man das eben gerade nicht 'mitbedient' hat. Weil das leider auch nicht geht. Ich und jeder andere 'Erwachte' kann auch nur, wie jeder andere Mensch, immer einen Satz nach dem nächsten sagen. Einen Aspekt at a time beschreiben. Und letztendlich sind es alles nur Worte, die widerum Konzepte sind-noch dazu bei jedem Zuhörer mit unterschiedlichen Bedeutungen 'aufgeladen'. Worte sind nur Hinweise- Pointer. Nicht auf den Finger schauen, der zum Mond zeigt, sondern zum Mond schauen, bitte.

Anders gesagt:

Ich kann hundert Stunden lang Vorträge über 'Rom' halten- jemand, der noch nie in Rom war, wird diese Erfahrung nicht durch einen noch so guten Vortrag ersetzen können. The map is not the territory! Bestenfalls hat der Zuhörer nach dem Vortrag Lust bekommen, sich Rom bei nächster Gelegenheit selbst anzuschauen. (Wobei, wenn ich einen Vortrag über Rom halten würde, vermutlich keiner danach Lust hätte, dorthin zu fahren- über Rom habe ich nämlich nicht viel Gutes zu sagen- ganz im Gegenteil zu Nondualität.)

Aber es geht hierbei ja nicht nur um Rom. Es geht um ALLES. Wie soll ein einzelner Mund in einem gegebenen Moment alles über ALLES präzise und korrekt sagen? Ich könnte natürlich einfach nur sagen:

DAS.

Das ist es.

(Ob das nun besonders präzise und korrekt ist, könnte man auch diskutieren, aber nehmen wir mal für einen Moment an, es wäre so.)

Manche machen das auch so- und vermutlich macht es so sogar bei manchen, die das hören 'klick' und das Schauen ist da. Im Rinzai Zen wird beispielsweise mit Koans auf dieses plötzliche, spontane Erkennen abgezielt.

 

Bei mir war und ist das mit dem Schauen/Erwachen irgendwie 'zweigleisig'. Da sind parallel graduelle, zum Teil schleichende Prozesse im Gange und dazu immer wieder kleinere und größere 'Spontan-Sichtungen'. In diesem Frühjar wurde sozusagen ein Schwellwert erreicht- das, was ich in meiner Vita als 'Erwachen' benenne. Quasi ein Point of no Return, ab dem sich alles weitere entfaltet. Wobei ich selbst diesen Punkt zuerst gar nicht so mitbekommen habe. Ich bekam von Jed McKenna den Hinweis: 'time to stop digging'.

Ich sollte also aufhören zu graben, zu bohren, mich auseinander zu dividieren- aufhören, zu suchen. Ein anderes Mal, ein Weilchen davor schrieb er mir 'trust&allow'. Diese beiden Hinweise zusammengenommen haben mir sehr geholfen, sozusagen das Suchen als einen 'ego-drive' auch noch loszulassen. Und dann gab es eine relativ große 'Spontan-Sichtung'....

 

Und seither viel einfach nur sein, staunen, genießen, leben. Aber hin und wieder geht dann auch ein Prozess los/weiter, da muss wieder mal was verdaut, verarbeitet, entäußert werden. Und dann auch wieder mal eine Spontan-Sichtung und so weiter. Das pralle Leben eben.

Das heißt bzw. soll auch zeigen, dass 'Erwachen' kein statisches 'Ding' ist. Man ist danach nicht irgendwie 'fertig'- aber man ist damit ok! Zumindest den Großteil der Zeit. Manchmal hab ich mich 'danach' auch schon gefragt, ob überhaupt irgendwas passiert ist, irgendwas anders als 'zuvor' sei. Und paradoxerweise ist die Antwort: Janeinvielleichtvielleichtauchtnicht.

Das ist Nondualität. Zumindest so mein momentaner Eindruck.

 

Im Zen heißt es, vor der Erleuchtung ist der Berg ein Berg, während der Erleuchtung ist der Berg kein Berg, nach der Erleuchtung ist der Berg ein Berg.

Ich würde sagen, vor der Erleuchtung ist der Berg ein Berg, ab der Erleuchtung ist der Berg vielleicht ein Berg, vielleicht auch nicht, das spielt aber einfach keine Rolle mehr- der Berg ist ich, ich bin der Berg.

 

Sowieso ist eigentlich  immer nur der aktuelle Moment entscheidend. Die direkte Erfahrung. Da kann es sein, dass der Berg, weil ich gerade versuche ihn zu besteigen, total bergig und anstrengend und steil und durch diese intensive Erfahrung verdammt real und sehr wohl ein verfickter Scheiß-Berg ist. Ok.

Oder ich sitze irgendwo, schaue auf den Berg, der im Nebel liegt, genieße die Aussicht, die den Berg nur vage erahnen lässt und hab das Gefühl er ist ganz weit weg, wenn überhaupt real und nicht einfach nur ein Schemen. Auch ok.

Fakt ist, das sind alles vergängliche Ereignisse in Bewusstsein. Jeder Moment, egal wie schön oder schlimm, geht vorbei. Jeder.

Das einzige, was konstant präsent ist, weil es die konstante Präsenz IST, ist Bewusstsein bzw. nenne ich es inzwischen lieber Gewahrsein. Das ist nicht so oberflächlich-vordergründig 'präsent' konnotiert, wie Bewusstsein.

Bei dem Wort Gewahrsein, so hoffe ich jedenfalls, springt nicht sofort das Denken/Ego/Selbst/der innere Erzähler an und behauptet, das wäre sein Metier, seine 'Leistung'.

 

Diese Präsenz ist einerseits völlig unberührt von den Ereignissen, deren 'sie' gewahr wird und dabei simultan vollständig eingetaucht bzw. mit dem Ereignis identisch. Gewahrsein ist in letzter Konsequenz alles was es gibt und es ist somit Du, denn Dich gibt es ja zweifelsohne! Und es ist alle Ereignisse, die in ihm, also in DIR stattfinden. Heißt soviel wie: Du bist Alles.

 

Zugleich und jetzt wird es wirklich wild, schnall Dich an, bist Du aber auch Nichts.

Ausgehend davon, dass in der direkten Erfahrung des aktuellen Moments sich tatsächlich nur Verben befinden- keine Nomen und schon gar keine objektiven Objekte. Schau hin!

Da ist niemand da, der diese Zeilen liest. Da ist:

-lesen

-denken

-Körperempfinden (z.B. das Gefühl der Computermaus unter Deiner Hand, oder der Kontakt von Deinem Hintern mit dem Stuhl- alles Dinge, die in der direkten Erfahrung aber gar nicht sagen 'Hintern', 'Stuhl'. o.ä.)

-vielleicht ist da jetzt wegklicken, weil es Dir zu blöd wird. (Aber lies ma bitte noch weiter, ich komm gleich auf den Punkt, versprochen!)

-....

 

All das ist innerhalb von dieser Präsenz und damit Teil von ihr und zugleich auch alles.

(Alles Fraktale, außer Mutti!)

Der springende Punkt- und damit erklärt sich vielleicht nochmal auf andere Art, wieso ich das Bild da oben für diesen Artikel verwende - wird von Richard Sylvester in seinem Buch 'I hope you die soon' schön formuliert:

'Liberation has no restrictions. It is free of any confines.'

(Zumindest hab ich mir das so in etwa gemerkt und bin gerade zu faul, nochmal nachzuschauen.)

Das heißt also, Befreiung- Sylvesters Begriff für Erwachen, hat keine, wirklich gar keine (!)- as in 'NULL'- Einschränkungen.

Das kann ein Mensch nicht 'denken'. Das ist so ziemlich das Gleiche, wie sich die unendliche Ewigkeit vorzustellen- dafür ist unser Verstand einfach nicht gemacht.

Zu dieser grenzenlosen Freiheit jedenfalls, gehört auch die Freiheit, in der Welt, wie sie von 99% der Menschen gesehen wird, mitzumachen, mitzuspielen. Nur halt jetzt bewusst. Wach im Traum.

Paul Hedderman, der auch unter dem Namen Zen Bitch Slap Talks veröffentlicht und den ich sehr klug und unterhaltsam finde, sagt diesbezüglich auch von sich, mit einem unverschämten Grinsen im Gesicht: ' I' m jumping back and forth all the time.'

Er meint damit, wenn ich ihn richtig verstehe, dass freie Hin- und Herhüpfen zwischen dem Absoluten und der relativen Konsens-Welt. Ich kann das sehr gut nachvollziehen- ich hüpfe auch mit Freude hin und her und nehme dafür in Kauf, mir selbst zu widersprechen- was genau ist das, was da meint zu hüpfen? ;-)

Dazu schrieb Walt Whitman mal:

'Do I contradict myself?

Well, then I contradict myself!

I am large- I contain multitudes'

Bezogen auf das Bild da oben würde ich also folgendes darauf schreiben:

The first (and last) rule of the nonduality club is:

There ain´t no rules!