Club Yoga und Ravesport- wie alles begann....
Konsistenz war mir schon immer ein Graus, womit diese Abneigung vermutlich das konsistenteste ist, was ich zu bieten habe. Das Leben ist bunt, alles ist ständig in Bewegung- Konsistenz eine Illusion! Ich habe z.B. noch nie verstanden, wieso Menschen freiwillig jeden Tag das Gleiche tun oder soviel Schwierigkeiten damit haben, ihre Meinung zu ändern- oder diese Option anderen zuzugestehen. Fast so, als würde ein Teil von ihnen sterben, wenn sie ihren Standpunkt verlassen.
Genauso wenig habe ich verstanden, woher der Drang kommt, Dinge und Menschen in irgendwelche Schubladen zu packen und für immer dort drin behalten zu wollen.
Nicht weiter verwunderlich, dass ich in meiner Zeit als aktive Tänzerin mich am ehesten in genreübergreifenden, wilden Tanztheaterstücken zu Hause fühlte. Dort konnte man in den Proben beim Improvisieren einfach alles anbieten- tanzen, sprechen, verrenken, mit Schuhen werfen- alles war möglich, Kategorien uninteressant. Keine Grenzen, keine No Go´s.
Mein zweites Standbein als Tanzlehrerin, war da leider nicht so empfänglich. War man an irgendeinem Standort die Ballett-Tante, blieb es auch dabei. Wollte man zur Abwechslung lieber Street Dance unterrichten, musste man sich dafür ein anderes Studio suchen- und war dort fortan die Street-Dance-Uschi.
All diesen Rollen gemein war, dass man als Lehrerin eine Vorbildfunktion und eine Autorität darzustellen hatte. Egal in welchem Fach, Scheiße sagte man nicht- egal wie offensichtlich irgendetwas Scheiße war.
Erschwerend kam noch der Dienstleistungscharakter hinzu- ich kann nur erklären und zeigen, wie man ein Spagat lernt. Den Spagat muss aber letztendlich der Schüler machen... Manchen schien das alles andere als klar zu sein. Sobald sie merkten, dass tatsächlich sie Schweiß und Schmerzen über sich ergehen lassen müssen, um etwas zu erreichen, meldeten sie sich wieder ab.
Eines schönen Tages ging mir diese Enge, dieses Gefühl gefangen zu sein so gehörig auf die Nerven, dass ich gar nicht anders konnte, als mir etwas völlig neues, ganz anderes zu überlegen.
Ich wollte ein Programm auf die Beine stellen, bei dem man sich auf Augenhöhe begegnet. Ein Programm, bei dem alle so sein können, wie sie sind- mich eingeschlossen. Ein Programm, was den Rahmen so offen hält, dass alles möglich ist und zwar jedes Mal aufs Neue. Ich begann zu brüten.
Dann erzählte mir ein Sportphysiologe von einem hochinterssanten Befund, der in etwa folgendes besagte: Ein Körper gewöhnt sich schnell an ein gewisses Pensum an Bewegung. So schnell, dass es nach einer Weile, in der man 30 Minuten täglich joggt genauso ist, als würde man gar nicht joggen. Ähnliches weiß man beispielsweise auch von Kaffee-Konsum. Jemand der täglich drei Tassen Kaffee trinkt gewöhnt sich an den Effekt und ist somit durch die drei Tassen Kaffee genauso konzentiert, wie ein Nicht-Kaffe-Trinker ohne den Kaffee.
Diese Info war der berühmte Tropfen. Wenn es also nicht nur für mich und meinen Spaß am unterrichten hilfreich ist, ein sehr wechselhaftes Programm anzubieten, sondern auch für die Teilnehmer von Vorteil ist, sich nicht allzusehr an gewisse Routinen zu gewöhnen- worauf noch warten? Eben!
Kurze Zeit später war Ravesport geboren. Ein Angebot für die Verrückten, mit denen gemeinsam ich gerne meine Wochenenden verbrachte. Mit Techno-Freaks, in einem Techno-Club- mitten auf der
Tanzfläche- aber unter der Woche. Jedes Mal ein anderer Mix aus Improvisationsaufgaben, kleinen Choreographien, Partnerübungen, Yoga, Muskelübungen und zur Abrundung Entspannung. Eine
Spielwiese ohnegleichen, bei der einmal ein Spielplatz aus Menschen nachgebaut wird und im nächsten Moment darfst Du durch die Gegend taumeln und wirst von den anderen aufgefangen. Und dann
machen wir Liegestützen, um uns hinterher gegenseitig auszuklopfen und massieren.
Das Konzept kam super an- viele Teilnehmer hatten nicht nur Riesen-Spaß sondern auch nach kürzester Zeit sichtbaren Muskelzuwachs zu verzeichnen.
Eine kleine Änderung musste aber noch vorgenommen werden: Yoga, so stellte sich sehr schnell heraus, war von seiner ganz speziellen Art der Konzentration und Ruhe her nur sehr schwer in den Ravesport-Flow zu integrieren- ganz besonders ohne diesbezügliche Vorerfahrungen.
Gemeinsam beschlossen wir also, Yoga outzusourcen.
Gesagt getan. Club Yoga war geboren. Der grundsätzliche Spirit von Ravesport blieb dabei erhalten. Jedes Mal eine einzigartige Kombination aus Übungen verschiedener Yoga-Traditionen. Die Teilnehmer und ich dabei immer genau so locker und authentisch, wie beim Ravesport. Heilige oder esoterische Atmosphäre sucht man genau wie Räucherstäbchen hier vergebens. Also ein ganz bodenständiges Bewegungs-Yoga, bei dem die Übungen für sich stehen und man selbst erspüren kann und soll, ob und was sie einem bringen.
Beide Angebote tingelten als Techno-Nomaden jahrelang durch die schnellebige Berliner Clubszene. Je nach Standort kamen und gingen Teilnehmer. Jetzt haben Club Yoga und Ravesport endlich ein echtes zu Hause gefunden und fühlen sich dort pudelwohl. Ihr 'Stammheim' ist ab jetzt und für hoffentlich sehr lange Zeit das Maze, Berlin. Ein Ort, der wie für sie geschaffen ist, ein zweites Wohnzimmer mit dem Hauch unendlicher Weiten und dem Geist verschallerter Welten.
Komm vorbei, tauche ein, get lost!